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Benzingespräche und mehr auf der Adria 

oder 6 Guzzis in einem Boot

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Prolog:

Ende Juni trafen sich 6 Mitglieder des Freundeskreises, um gemeinsam aufs Wasser zu gehen. Beide Leidenschaften – Motorradfahren (Moto Guzzi) und Segeln kamen in der Marina Dalmatica in Sukosan Kroatien zusammen. Folgend einige Erinnerungen zur Tour, niedergeschrieben und erzählt von Dieter, genannt Didi, in der Facebook Gruppe als Guzzi Didi geführt, Mitglied der Gruppe „Moto Guzzi Freundeskreis“, die sich unter Initiative von Sonja in den letzten Jahren als eine Gruppe von Moto Guzzi Fahrern gefunden hatte; davon jedoch später mehr.

 

Die Tour

Wenn die Tage kürzer werden und die Kühle der Nacht uns frösteln lässt, ist es an der Zeit, sich an alte Geschichten des Sommers zu erinnern, um ein wenig Licht und Wärme in unsere Herzen zu zaubern. Wie Frederick, die Feldmaus vom gleichnamigen Buch, habe ich im Juni dieses Jahres einige Ereignisse, die sich an Bord der Silas zugetragen haben, gesammelt und werde versuchen bei meinen Erzählungen die Stimmung der Crew und die Wärme der kroatischen Sonne zu vermitteln… So recht kann ich nicht einmal sagen, wann die Zeilen von Werner in der Gruppe „Moto Guzzi Freundeskreis“ auftauchten: „Werner aus Berlin bietet nach guten Erfahrungen und Hilfe aus unserer Gruppe an, für wenig Geld eine Woche auf seinem Zweimaster, einem wunderschönen RIVA Schiff aus den 80er Jahren vor der Küste Kroatiens zu verbringen“. Da ich in den letzten Jahren aus persönlichen Gründen seit 2016 (95. Moto Guzzi Raduno in Mandello del Lario) keinen Urlaub mehr hatte, habe ich mich spontan auf den Aufruf von Werner gemeldet. Neben mir hatten noch Stefan, noch ein Stefan, noch ein Dieter und Markus das Vergnügen an dem Segeltrip im Juni dieses Jahres teilzunehmen; die eigene Anreise verlief unterschiedlich: Stefan aus München reiste mit einigen Übernachtungen standesgemäß mit gut gefüllten 3 Seekoffern für die abendliche Garderobe an, Stefan 2 kam ebenfalls mit dem PKW sowie seinem Klappfix – einem legendären Wohnzeltanhänger der DDR - aus Italien und Dieter aus Bern hielt als Einziger die Fahne der Guzzi – Fahrer hoch und erreichte in mehreren Pass-Etappen Kroatien. Ich selber sah den Urlaub bei einer Anreise von 1650 km nicht als Motorradtour, sondern Segeltörn an und lies Markus aus der Pfalz in der Nähe von Mainz auf. So fuhren wir mit einer Pause in den frühen Morgenstunden von Freitagabend an in einer Tour durch bis wir Samstag gegen Mittag im Hafen von Tribunj ankamen und bereits von Werner erwartet wurden. Nach und nach trudelten alle Teilnehmer ein und es wurden die ersten Eindrücke der unterschiedlichsten Charaktere unserer Gruppe und unserer persönlichen Reisevorbereitungen sichtbar: Von der spartanischen Ausstattung wie Rucksack und Motorradtasche bei Markus und mir gab es wie angesprochen die Vorstellung eines Teilnehmers, die Abende an Bord mit unterschiedlichen Outfits abwechslungsreich und dem Anlass des Abends entsprechend vorbereitet formvollendet zu gestalten. Nach einer Reduzierung seiner Auswahl von vormals 3 Seesäcken auf einen Seesack waren wir komplett an Bord angekommen und nach kurzer Einweisung durch unseren Skipper Werner lernten wir das Schiff mit seinen 6 Kojen, die Kombüse, die Mannschaftsmesse und Takelage kennen. Nebenbei wurden uns Grundkenntnisse für den Palstek oder den Webeleinstek zur Befestigung der Fender beigebracht. Eventuell ist hier die Formulierung „es wurde versucht“ angebracht, da nicht alle von uns Segelerfahrung und sofortiges Verständnis für die Tücken der Knotenkunde mitbrachten. Werner als Skipper und damit Chef auf dem Boot zeigte sich jedoch stets von unseren Bemühungen berührt, was uns den nötigen Antrieb gab, entsprechend unserer unterschiedlichen Fähigkeiten konnten wir ihn bei der Handhabung  seines Schiffes unterstützen. Hier zeigte sich nun schon früh für den Chronisten ab, dass wir uns trotz unterschiedlicher Berufe, unserer manuellen Begabungen, der sozialen Stände, unserer persönlichen Befindlichkeiten und Sympathien in den nächsten Tagen zu einer homogenen, lustigen Crew formten, die wunderbare Tage mit viel Spaß, Zigaretten und Alkohol und natürlich dem Segeln verbrachten. Nach einem ersten Sundowner und Abendessen in Tribunj ging es zurück an Bord und bei wunderbaren Abendtemperaturen von über 20 Grad wurden die Matratzen in einer aufwendigen Zeremonie an Deck verfrachtet; einer lästigen Zeremonie, die sich aber bis zum Schluss unserer Reise fortsetzte.

 

1. Station:

Am Morgen lichteten wir den Anker und fuhren zunächst mit Motorkraft, später unter Segeln zum Hafen von Skradin, machten an einer Boje fest, setzten mit dem Dingi zum Hafen über und besuchten den Ort, wo die Filme über Winnetou und Old Shatterhand gedreht wurden: die Krker Wasserfälle, die wir in einem Rundgang von allen Seiten bewundern konnten. Anschließend ging es zurück zum Schiff und zum Baden ins Wasser, nach einem Rückzug vor bedrohlichen Schwänen wurde der Abend eingeläutet.

2. Station:

Weiter ging es bei bestem Wetter am nächsten Tag zur Insel Zut. Auf dem Weg dorthin machte der Anlasser des Motors erste Probleme und ließ sich erst nach mehrmaligen Versuchen überreden, den Motor zu starten. Wir setzten neben dem Fockmast für eine gleichmäßige Fahrt auch achtern das Besansegel und ein Wind mit 6 Knoten brachte uns vorwärts zu unserem Ziel. Zusammen oder getrennt, je nach Laune und Suche nach Motiven für Handy und Kamera traf man sich auf bequemen Bänken am Mittelpunkt des Schiffes: der Ruderanlage mit GPS. Man lauschte der Musik, den Ausführungen Werners zur Navigation oder Handhabung des Schiffes oder träumte im Schatten der Segel bei 27 Grad vor sich hin um in stillen Momenten zum Rauschen des Wassers oder dem Singen des Windes in den Segeln in der wunderbaren Welt der Phantasie zu entspannen. Nach dem Anlegemanöver im Hafen von Zut, das immer besser klappte, ging es zu einem teuren, aber sehr guten Essen ins Restaurant Festa und wie immer trafen wir uns anschließend zum Abendbier bei der Messe an Deck am Steuerrad, um weiter in die Nacht zu gleiten.

 

3. Station:

Am nächsten Tag frischte der Wind auf und unter vollen Segeln steuerten wir den kleinen Hafen von Veli auf der Insel lz an. Ein gutes Restaurant mit frischem Fisch vom Fang des Tages ließ uns nach einem kurzen Sprung ins Wasser des Strandbades das Spiel der deutschen Fußballer schnell vergessen, ein Besuch am Spätabend in einer Eisdiele rundete diesen wunderbaren Tag ab.

 

4. Station:

Der 4. Tag führte uns weiter zur Bucht Veli Rat im Norden der Insel Dugi Otok. Hier zeigte sich, dass der Anlasser weiter Probleme machte und als einer in der Gruppe ausgewiesener Schrauber, bekam ich den Auftrag, mir den Motor des Schiffes mal anzuschauen. Im Maschinenraum bei 35 Grad zeigte sich schnell, dass auch ein Schiffsmotor Komponenten eines Guzzi Motors aufweist und der Magnetschalter des Anlassers Ursache des Startproblems war. Nach wenigen Handgriffen an der Verkabelung - ohne groß etwas repariert zu haben - hatte ich das Glück, dass es nicht mehr qualmte, sondern der Anlasser seinen Dienst verrichtete. Applaus und eine Beförderung zum 1. Maschinisten an Bord war der Lohn für meine Arbeit. So bot sich für uns die Möglichkeit, unter Motorleistung an der Boje anzulegen und den Abend mit Anreise des Dingis im Hafen in einer Pizzeria ausklingen zu lassen. 

 

5. Station:

Hier war der Hafen Sukosan mit Ausflug in die schöne Stadt Zadar unser Ziel. Zadar ist eine Stadt und Seebad an der Adria mit einer Vielzahl von römischen und venezianischen Ruinen in seiner Altstadt und auf Grund seiner wechselhaften Geschichte mit unterschiedlichsten kulturellen Elementen und Baustilen äußerst interessant Ein Essen im Restaurant „Buscetta“ rundete einen schönen Tag ab. Nachdem der Magnetschalter endgültig abgeraucht war und wir Sukosan nur mit Unterstützung der Hafenmitarbeiter über den Schubbetrieb mit einem Schlauchbot erreicht hatten, verblieb das Boot bis zur Reparatur des Anlassers in Sukosan. Wir fuhren am nächsten Tag mit einem Großraumtaxi nach Tribunj, um unsere Fahrzeuge zu holen und von dann von Sukosan die Heimreise anzutreten. Epilog Unsere Tage an Bord haben wir zusehends mit einer gewissen Routine beim Segelsetzten, Befestigungen der Fender, dem Anlegemanöver an Boje oder Hafen, der Zubereitung des Frühstücks oder Mittagessen in der Kombüse verbracht. Ein jeder brachte sich nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten ein, die – auch wenn sie teilweise begrenzt waren – nie zu Stress in der Gruppe führten, im Gegenteil: Nach den ersten Abenden der Vorstellungsrunden passierte das, was man wohl auf See als einen gruppendynamischen Prozess in einem 5 Phasen Modell nach Tuckman und Cohn bezeichnet, auf das ich hier nicht näher eingehen werde. Als Chronist, der mit 12 Jahren in der Bücherei seines Vaters neben dem Buch von Sigmund Freud „Der Seele dunkler Pfade“ auch das Buch von Ostwald Kolle „Das Wunder der Liebe“ verschlungen hatte, vorzugweise natürlich letzteres, war ich doch bass erstaunt, mit welcher teilweiser großen Offenheit wir von unseren persönlichen Lebenserfahrungen, unseren Träumen, Erfahrungen und Wünschen erzählten bzw. teilweise referierten. Daneben profitierten wir jedoch alle gegenseitig auch von dem Wissen des Anderen, ob in dem Themen der Kultur, Musik, Früchteanbau, Navigation, Technik, Geldanlagen oder dem deutschen Rentensystem im Gegensatz zur Schweizer Altersvorsorge. Über viele dieser Stunden lege ich jedoch zum Schutze des Lesers und der Crew den Schleier des Vergessens, bin ich doch froh darüber, die Zeit ohne Schäden an Geist und Seele überstanden zu haben. Unvergessen bleiben mir die komplett an Deck verbrachten Nächte, wo wir unter freiem Himmel schliefen, weswegen hier eine persönliche Bemerkung erlaubt sei: Wenn ich bei warmen Sommertemperaturen in den Nachthimmel schaue, das Rollen des Schiffes unter mich spüre, das einen sanft in den Schlaf schaukeln möchte und die Sterne am Nachthimmel betrachte, kommen mir die Zeilen des „Kleinen Prinzen“ in den Kopf:

„Wenn du in der Nacht den Himmel betrachtest, weil ich auf einem von ihnen wohne, dann wird es für dich sein, als ob alle Sterne lachten, weil ich auf einem von ihnen lache“

 

Danke an die Crew für eine wunderbare Zeit und an Werner, der als Skipper mit viel Toleranz manche Unzulänglichkeit der Crew augenzwinkernd ertragen und uns als Guzzi Freund diese Reise ermöglicht hat. Auch – wie angekündigt – ein Dank an Sonja, die diese tolle Gruppe des Moto Guzzi Freundeskreises mit einer unnachahmlichen Leichtigkeit initiiert, mit großer Hilfe anderer führt und es geschafft hat, Guzzi Freunde zusammenzuführen, die neben der Freude an der Marke Guzzi und dem Hobby Motorrad auch soziale Projekte nicht vergessen.

 

Liebe Grüße von Dieter, der einfach nur weitersegeln wollte.. bis ans Ende der Scheibe und darüber hinaus…

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